Mittwoch, 4. November 2015

Antibes und Meer...

Weiter geht's...

Ihr erinnert Euch an den letzten Post?

Es regnete... und regnete... und die Hälfte der Familie war unterwegs...
Ich machte mir latente Sorgen, schließlich hatten wir ja noch auf der Autobahn erlebt, WIE es hier regnen kann...
'Naja, Goldlocke, mal den Teufel nicht an die Wand', dachte ich mir und Sohnemann und ich kochten einfach schon mal ein paar Nudeln... schließlich mussten der Göga und das Tochterkind bald wiederkommen. Sie waren ja schon seit einer Stunde unterwegs.

Mittlerweile gewitterte es auch ganz fürchterlich und der Regen wurde immer, immer schlimmer. Im Keller des Hauses sprang plötzlich irgendein Gerät an... es war die Tauchpumpe, die ihren Dienst aufnahm... na, prima, wir süppeln hier ab und keiner kriegt es mit.

1,5 Stunden... Mann und Kind immer noch nicht zurück, dafür aber Stromausfall. Ok, das war jetzt echt nicht mehr lustig... ich guckte immer wieder auf mein Handy. Keine Meldung, keine SMS... Scheiße. Ich tippte einfach mal ein: "Wie geht es Euch? Wir machen uns Sorgen, meldet Euch bitte zurück."
Der Strom kam zum Glück schnell wieder, das Gewitter verzog sich auch irgendwann, aber die erhoffte SMS-Antwort blieb aus. Ich fing an, die Situation kritischer zu sehen, überlegte, was ich machen könnte... so ohne Auto... ohne ausreichend Sprachkenntnisse... ohne zu wissen, wo die beiden auch nur ansatzweise stecken könnten... mit einem Sohn an meiner Seite, dem mittlerweile augenscheinlich auch ganz schön der Hintern auf Grundeis ging... und mit immer noch infernalischem Regen direkt vor der Haustür.

... und dann plötzlich eine SMS von Hannah, allein beim Anblick des Brief-Symbols auf meinem Handy fielen mir schon gefühlte Lastwagenladungen voller Steine vom Herzen.
"Uns geht's gut"... und direkt danach "Wir sind im Auto, aber hier herrscht Ausnahmezustand..."
Wir schrieben noch diverse Male hin und her an diesem Abend... und irgendwann wurde der Regen tatsächlich schwächer... und noch irgendwann viel später kamen sie wieder nach Hause, sichtlich fertig mit den Nerven...

Es war eine echte Katastrophe gewesen, das Wasser fast reifenhoch rechts und links am Auto vorbeigeschossen, Tendenz steigend und ein Weiterfahren unmöglich. Zum Glück war das Auto nicht einfach mitgerissen worden, dafür standen die beiden wohl weit genug oben am Berg. Im Tal hätte es ganz anders ausgesehen...
Wir waren so glücklich, dass wir vier uns wiederhatten und erzählten noch viel, bevor wir irgendwann völlig geplättet in unsere Betten fielen.

Am nächsten Morgen klingelte während unseres Frühstücks der Vermieter, er wollte sich den Keller des Hauses ansehen... wir wunderten uns, er trug eine schwarze Krawatte... und dann erzählte er... von den überfluteten Kellern und Tiefgaragen, von den mitgerissenen Autos, von den komplett unterspülten Straßen, von den Toten... er sagte, so ein Wetter hätte er in seinen über 60 Lebensjahren noch nie erlebt...
... und plötzlich waren die vielen Sirenen im Ort für uns nicht mehr nur Feuerwehrwagen, die Keller leer pumpen sollten, sondern wir nahmen sie ganz anders war... als Spiegel dessen, was da gestern Nacht passiert war.


Wir entschlossen uns, an diesem Tag das Haus nicht zu verlassen, obwohl das Wetter einfach wundervoll war. Der strahlend blaue Himmel ließ keinerlei Rückschluss auf das Inferno der letzten Nacht zu... man konnte es einfach gar nicht glauben... es war alles so unwirklich... aber das Sirenengeheul riss an diesem Tag nicht ab, die Zahl der Toten in der betroffenen Region verdoppelte sich fast noch und wir waren froh, dass wir, wenn auch sehr bedrückt und ruhig, in unserem Garten sitzen konnten.

Der Hubschrauber, der Staatspräsident Hollande nach Antibes brachte, flog direkt über uns hinweg, wenige Minuten später konnte man ihn 'live aus Antibes' im TV sehen... 'So nah werden wir dem französischen Präsidenten wohl nie mehr kommen...', war mein Gedanke, aber ich konnte nicht wirklich darüber lachen...

Ein Gutes hatte dieser krasse Start in unseren Urlaub dennoch... wir waren alle vier sehr geerdet... wir hatten gemerkt, was wirklich wichtig ist und wie schnell sich Dinge ändern können... und das verhalf uns in den folgenden zwei Wochen bei allem Mitgefühl für die Betroffenen und täglicher Konfrontation mit den Folgen des Unwetters (Schlamm, Sperrmüll, etc.) zu einem trotzdem wundervollen, harmonischen, entspannenden Urlaub.